Zugegeben, die Elbphilharmonie mag das optisch ansprechendere und bekannteste Bauwerk Hamburgs sein. Aber man kann sich kaum als Hamburger bezeichnen, wenn man nicht durch den alten Elbtunnel gelaufen oder geradelt ist. Es ist ein Stück lebendige Geschichte, das tatsächlich täglich von Tausenden durchquert wird, aber nur wenige kennen seine vielen Geheimnisse. Das sind die 8 Fakten über den St. Pauli-Elbtunnel, die ihr wahrscheinlich noch nicht kanntet.
Die unmöglichen Alternativen
Ursprünglich zogen die Projektleiter 4 Optionen in Betracht, um die fast 400 m lange Strecke zwischen den Elbufern zu überwinden.
- Eine bewegliche Brücke, die zwar machbar gewesen wäre – schon 1908 erreichten einige davon über 500 m Länge – aber unpraktisch.
- Eine Schwebefähre, unpraktisch und letztlich unmöglich. Noch heute ist das größte Bauwerk dieser Art nur 160 m lang.
- Eine Hochbrücke von über 55 m Höhe (plus 400 m Länge), die in Bau und Unterhalt sehr teuer gewesen wäre.
- Ein Tunnel war die letztlich ausgewählte Option. Aber das wusstet Ihr ja schon.
Die Maße des Projekts
Ursprünglich war nur der Bau einer Röhre 4,7 m im Durchmesser geplant, obwohl es am Ende zwei 4,8 m Röhren wurden. Insgesamt beteiligten sich 4400 Arbeiter 4 Jahre lang an Aushub und Bau des 426 Meter langen Tunnels. Im Vergleich brauchte es 15 Tausend Arbeiter und 6 Jahre, um den 50 km-langen Eurotunnel fertigzustellen.
Die besten verfügbaren Technologien
Der Elbtunnel wurde nach den modernsten Techniken seiner Zeit gebaut. Maschinen und Arbeiter bohrten und gruben, geschützt durch einen Stahlbetonschild. Um das Eindringen von Wasser (aus dem darüber liegenden Fluss) zu verhindern, wurden Luftpumpen eingesetzt, um den Druck im Tunnel über 4 bar zu halten – der normale Luftdruck auf Meereshöhe beträgt 1 bar.
Der zu zahlende Preis
So modern die eingesetzten Technologien auch waren, sie waren noch lange nicht perfekt. 5 Arbeiter verloren während der Bauarbeiten ihr Leben. 3 von ihnen waren auf den zu schnellen Druckabfall nach Verlassen des Tunnels zurückzuführen. 700 weitere Arbeiter litten unter den Folgen des Überdrucks.
Ein (relativ) günstiges Projekt.
Die Baukosten betrugen bis zu 10,7 Millionen Mark, was aktuell 60,7 Millionen Euro entspricht. Im Vergleich dazu waren der Neue Elbtunnel und der Eurotunnel ziemlich teurer: 550 Millionen Euro bzw. 15 Mrd. Euro. Dafür sind sie aber auch viel länger und größer.
Die endgültige Ironie
Der Elbtunnel wurde gebaut, damit die Hafenarbeiter den Fluss täglich überqueren konnten, ohne den Schiffsverkehr zu stören. Mit seinen mehr als 24 m Wasserspiegel-Tiefe (damals) funktionierte er gut genug. Aber als größere Containerschiffe mit großen Tiefgang gebaut wurden, konnten sie nicht mehr über den Tunnel fahren und der Hafen musste flussabwärts verlegt werden. So mussten die Arbeiter den Fluss nicht mehr überqueren und der Tunnel verlor seine ursprüngliche Funktion.
Bauen ist billiger als Warten
Wie wir schon sagten, war der Bau des Tunnels billig: 60 Millionen Euro in nur 4 Jahren Arbeit. Nun, seine Sanierung ist genau das Gegenteil: Mehr als 25 Jahre Arbeit und fast 60 Millionen Euro sind in ein Projekt geflossen, das voraussichtlich 2024 mit geschätzten Kosten von über 100 Millionen Euro enden wird.
Gründe für die Erhaltung
Was nützt ein Tunnel, der seine ursprüngliche Funktion verloren hat und im Unterhalt so teuer ist? Es ist eine nur logische Frage, die Antwort ist dennoch einfach: Es gibt fast so viele Nutzen wie die Anzahl der Einwohner dieser Stadt.
Im Jahr 2019 überquerten ihn fast 2 Millionen Menschen zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Das ist so, als hätte jeder Hamburger ihn einmal besucht, mehrere Tausend sogar zweimal – hin und zurück.
Außerdem ist es mittlerweile eine große Bühne für Hamburgs blühende Kultur geworden. Sowohl Konzerte als auch Filmdrehs haben dort schon stattgefunden.
Und nicht zuletzt: Es ist das perfekte Zeugnis für das einzigartige Ingenieur- und Bauerbe dieses Landes.